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by Mario-Schwertfeger Mario-Schwertfeger Keine Kommentare

Was können wir von den Google Quality Rater Guidelines lernen?

[Hinweis: dieser Beitrag stammt ursprünglich aus 2014 und wurde von mir damals auf dem früheren Catbird Seat Blog veröffentlicht]

Seit 2008 existieren im Hause Google sogenannte Google Quality Rater Guidelines. Diese richten sich an externe Mitarbeiter, welche bei der Bewertung von Websites mitwirken. Laut Google werden anhand dieser Bewertungen keine Websites abgestraft, sondern nur Verfeinerungen am Algorithmus vorgenommen. Zumindest bestreitet dies Matt Cutts – während interessanterweise Bing bestätigt, dass sie ihr Quality Rating durchaus für manuelle Maßnahmen verwenden. Also nur schwer vorstellbar, dass Google diese Erkenntnisse für manuelle Maßnahmen überhaupt nicht heranziehen soll. Aber da darf sich gerne jeder seine eigene Meinung bilden.

Neben der öffentlichen Version gibt es natürlich auch eine „geleakte“ offizielle Version mit 137 Seiten.

Da nicht jeder Lust und Zeit haben wird, diese 137 Seiten durchzuarbeiten, möchte ich in diesem Beitrag eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Schlüsse liefern. Dabei geht es mir nicht darum, den exakten Ablauf der Bewertungen und jede einzelne Methode im Detail darzustellen, sondern vielmehr herauszuarbeiten, was Google unter Top-Qualität versteht.

Nützlichkeit und Qualität

Die meines Erachtens interessantesten Guidelines für diesen Zweck sind die Utility Rating Guidelines als auch die Page Quality Rating Guidelines.

Beim Utility Rating müssen die Rater die Nützlichkeit eines Suchergebnisses (sprich Result Block plus dazugehörige Landingpage) hinsichtlich einer bestimmten Suchanfrage unter Beachtung der Nutzerabsicht, der User-Location und weiterer Faktoren berücksichtigen. Das Utility-Rating ist dabei „query-dependent“, d.h. es muss die Nützlichkeit des Ergebnisses hinsichtlich der jeweiligen Suchanfrage bewertet werden.

„query-independent“ ist hingegen das Page Quality Rating. Hier wird zum einen die Qualität der Landingpage bewertet, aber auch die Gesamtqualität der Website. Eine insgesamt als mangelhaft bewertete Webseite kann somit auch einen negativen Einfluss auf die Qualität der Landingpage haben.

Bei der Qualitätsbeurteilung gibt es dabei 5 Stufen:

  1. Lowest Quality
  2. Low Quality
  3. Medium Quality
  4. High Quality
  5. Highest Quality

Gliederung des Contents aus Google-Sicht

Für die Qualität der zu bewertenden Landingpages spielt der Content eine wichtige Rolle. Google unterscheidet hierbei zwischen Main Content (MC), Supplementary Content (SC) und Advertisements (Ads). Der Main Content ist der Grund, weshalb die Seite überhaupt existiert und trägt maßgeblich dazu bei, dass die Seite ihren angedachten Zweck erfüllt. Der Supplementary Content hingegen trägt zu einer guten User Experience bei, verfolgt aber nicht direkt die Zweckerfüllung. Je nach Inhalt und Zweck der Seite versteht man unter Supplementary Content bspw. Kommentare, Bewertungen, verwandte Beiträge, weiterführende Links, ergänzende Videos oder ähnliche Features.

Purpose of the Page

Ein Begriff der immer wieder in den Quality Rater Guidelines auftaucht ist „Purpose of the Page“. Die Quality-Rater sollen sich vor den jeweiligen Bewertungen immer erst den Zweck einer Seite bewusst machen. Anhand dieses Zweckes den eine Seite erfüllen will, muss der Quality Rater die Messlatte bei der Beurteilung anlegen. Eine Seite, die bspw. nur über die aktuellen Busverbindungen in einem Ort informieren will, muss andere Standards erfüllen als eine Seite deren Zweck es ist, täglich mehrmals über das internationale Weltgeschehen zu berichten. Unabdingbar für qualitativ hochwertige Seiten ist dabei, dass die Seite überhaupt einen Zweck hat, dieser erkennbar ist und mit hochwertigem Content erfüllt wird. Für die Erstellung von hochwertigem Content bedarf es dabei laut Google einer hohen Menge mindestens einer der folgenden Punkte: Zeit, Anstrengung, Expertise und / oder Talent.

Gesamtbewertung der Website

Bei der Qualitätsbewertung der Seite gibt es zusätzlich zur Bewertung der Landingpage eine Bewertung der gesamten Website, um aus beidem die Gesamtqualität abzuleiten. Ein Gesamt-High-Rating darf dabei nur vergeben werden, wenn sowohl das Page-Level als auch das Website-Level ein hohes Rating rechtfertigen.

Zur Bewertung der Website werden dabei folgende Punkte geprüft:

  • Ist die Homepage der Website auffindbar?
  • Ist der Zweck der Startseite konsistent mit dem der Website? Inkonsistenz wird hierbei als ein Indiz für Lowest Quality angesehen und die Rater sollen diese Seiten genau untersuchen. Fehlt der Zweck, ist er nicht ersichtlich oder gar täuschend bzw. schädlich, sollten alle Seiten von den Ratern als Lowest Quality eingestuft werden.
  • Ist ersichtlich, wer für den Inhalt der Website und der Landingpage verantwortlich ist?
  • Hat die Seite ausreichend Kontaktinformationen?
  • Welche Reputation hat die Website? Auszeichnung, Nutzerbewertungen etc. Seiten dürfen dabei durchaus ein paar negative Bewertungen haben, da dies natürlich ist.
  • Wird die Homepage der Website aktualisiert/gepflegt? Entscheidend ist wieder der Zweck der Seite. Newsseiten müssen deutlich häufiger aktualisiert werden als Hobbyseiten über Pyramiden in Ägypten.

Sonderfall YMYL

Einen Sonderfall in den Google Quality Rater Guidelines stellen die sogenannten YMYL-Seiten dar. YMYL steht dabei für: your money or your life. Für diese Art von Seiten stellt die Seitenqualität eine besondere Bedeutung dar. YMYL-Seite sind Seiten, welchen einen Einfluss auf das aktuelle oder zukünftige Wohlbefinden (physisch, finanzielle Sicherheit, usw.) des Nutzers haben. YMYL-Pages existieren im Normalfall auf Websites, welche eine hohe Reputation haben und deren Inhalt mit sehr hoher Expertise erstellt wurde. Kontaktinformationen, Reputation und Aktualisierung der Website sind im Gesamtkontext zudem extrem wichtig. Zur Reputation tragen z.B. Verlinkungen von Verbänden und anderen Expertenseiten bei. Überdies dürfen YMYL-Seiten bei keinem Punkt der Website-Beurteilung durchfallen.

Zu den YMYL-Seiten zählen bspw.

  • Seiten, die für monetäre Transaktionen genutzt werden
  • Seiten, welche medizinische oder gesundheitsrelevante Informationen bereitstellen, die das physische Wohlbefinden des Nutzers beeinflussen können
  • Seiten, die Rat bieten zu Themen welche das Leben maßgeblich beeinflussen können, z.B. Seiten über Geldanlage, Hochzeit, Kindererziehung, Immobilienkauf, etc.

Bevor ein Rater eine Seite beurteilt, muss er sich immer die Frage stellen, ob die Landingpage eine YMYL-Seite ist oder nicht.

Landingpage-Betrachtung

Bei der Beurteilung der Landingpage wird die jeweilige Seite von den Ratern auf folgende Kriterien überprüft:

  • Zweck der Seite identifizieren
  • Main Content, Supplementary Content und Advertisements identifizieren, v.a. ist Main Content sofort und eindeutig zu erkennen?
  • Main Content bewerten mit Hinblick auf den Zweck der Seite
  • Menge des hilfreichen Main Content bestimmen
  • Nutzen des Supplementary Content bestimmen
  • Bewertung des Layouts/der Platznutzung auf der Seite. Wichtig ist dabei nicht, dass das Design „schön“ ist, sondern das Layout und Platzaufteilung zur Zweckerfüllung der Homepage beitragen.

Wie sollte man seine Seite nicht gestalten?

Auch aus Negativbeispielen kann man viel lernen. Zum Beispiel wie man seine Seite nicht gestalten sollte. Darum lohnt sich ein Blick darauf, wie Google Lowest Quality Pages definiert. So sollte man keine Seite ohne definierbaren oder sogar mit täuschendem / schädlichen Zweck erstellen. Ebenso negativ bewertet Google Seiten, die zwar einen Zweck haben, diesen aber überhaupt nicht erfüllen. Als Lowest Quality Pages werden auch Seiten bewertet, welche unzureichend Main Content bereitstellen oder bei denen dieser sogar komplett fehlt. Sobald eine Seite durch die Website Level Checks fällt, also bspw. keine Kontaktinfos enthält, führt dies zu einer Lowest-Bewertung. Insgesamt tragen Lowest Pages wenig zum Internet bei, in vielen Fällen ginge es den Nutzern ohne diese Seiten besser.

Und wie sieht es dann mit Ads aus?

Solange eine Seite hilfreichen Main Content (MC) hat, werden Ads nicht als Spam betrachtet. Anders verhält es sich bei Seiten, die primär dazu existieren, dass man auf Anzeigen klickt. Folgende Seiten mit Ads werden als Spam klassifiziert: kein MC, täuschender oder unnützer MC, kopierter MC und automatisch-generierter MC.

Highest Quality Pages

Highest Quality Pages erfüllen nach Google hingegen folgende Kriterien und sollten dahingehend bei der Erstellung und Konzeptionierung von Websites betrachtet werden:

  • Haben einen offensichtlichen Zweck und erfüllen diesen Zweck sehr gut bzw. stellen den Nutzer in höchstem Maße zufrieden.
  • Der Main Content (MC) wird von Experten in diesem Thema erstellt. Dabei muss der Autor namentlich nicht unbedingt bekannt sein. Falls die Website von sehr hoher Qualität ist, wird angenommen, dass die Artikel von Experten geschrieben werden.
  • Haben eine sehr zufriedenstellende Menge an MC
  • Das Layout macht den MC sofort sichtbar
  • Der Platz wird sehr gut genutzt.
  • Der Supplementary Content (SC) ist hilfreich und führt zu einer sehr zufriedenstellenden UX
  • Haben nahezu professionell erstellten Qualitäts-Content
  • Erscheinen häufig auf high Quality Websites, welche eine sehr positive Reputation in ihrem Themengebiet haben.

Zusammenfassung

Orientiert man sich an den Google Quality Rater Guidelines, dann ist grundlegend für jede Website wichtig, dass insbesondere die Homepage regelmäßig gepflegt wird, dass Kontaktinfos und der Verantwortliche der Website leicht auffindbar sind. Besonders wichtig ist dies bei Online-Shops. Dabei ist nicht entscheidend, ob die Kontaktperson eine Einzelperson oder ein Unternehmen ist. Die dürfte ein Indiz dafür sein, dass auch das Thema Authorship in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. Speziell natürlich auch bei YMYL-Seiten, bei welchen Google jetzt schon verlangt, dass die Inhalte von Experten bzw. Authoritäten auf der Seite stammen.

Ebenso ist bei Gesamtbetrachtung die Reputation der Website von hoher Relevanz. Je nach Zweck der Seite sind dies bei Shops z.B. zahlreiche Kundenbewertungen, bei Medizinseiten Links und Erwähnungen von anderen anerkannten Medizinern, Forschungseinrichtungen und dergleichen. Dabei darf die Reputation nicht mit geschäftlichem Erfolg verwechselt werden. Eine Seite kann viel Traffic haben, aber dennoch eine schlechte Reputation.

Auf Page-Ebene ist es extrem wichtig, dass der Zweck der Seite unmittelbar ersichtlich ist, dass man sofort den Main Content erkennen kann und der Supplementary Content zu einer guten User Experience beiträgt. Der Main Content sollte dabei die Probleme des Users lösen und professionell erstellt worden sein. Je nach Seitentyp und – Zweck sieht dies natürlich unterschiedlich aus. Dennoch braucht man nie Sorge haben, dass der eigene Content vielleicht zu gut ist. Selbst wenn es in einer Nische aktuell nur schwache Seiten gibt, wird selbst die beste dieser schwachen Seiten als schwach eingestuft, da davon ausgegangen werden kann, dass es irgendwann auch in dieser Nische eine qualitativ sehr hochwertige Seite geben wird. Daraus kann man folgern, dass es immer von Vorteil sein wird, wenn man qualitativ hochwertigen Content erstellt, egal wie schwach das derzeitige Marktumfeld noch ist. Bezüglich Supplementary Content sollte man immer versuchen den eigentlichen Hauptcontent mit nützlichem Zusatzcontent wie z.B. Videos bei Kochrezepten, Kommentaren bei Blogartikeln, weiterführende Produktempfehlungen bei Online-Shops usw. zu ergänzen. Interessant ist zudem, dass Anzeigen für Google auch offiziell nicht pauschal schlecht sind, solange sie nicht der eigentliche Zweck der Seite sind oder den Main Content in den Hintergrund rücken. Einfach gesagt, sollte man sich auf hochwertigen, nutzenbringenden Content und eine gute User-Experience fokussieren.

Wie sieht es bei Euch aus? Wer hat sich auch mit den Google Quality Rater Guidelines beschäftigt? Welche Schlüsse zieht Ihr daraus?

Weiterführende Quellen:

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